Test: Huawei MateBook X – Kann Huawei auch Notebooks?
Huawei ist zumeist als Smartphone-Hersteller bekannt. Einigen dürfte der Chinese auch als Lieferant für Netzwerktechnik geläufig sein. Dass Huawei auch Notebooks bauen, wissen vermutlich eher wenige. Doch die MateBook-Reihe wird seit einigen Monaten auch in Deutschland verkauft, Zeit also, einmal einen längeren Blick darauf zu werfen.
Das Huawei MateBook X ist das Flaggschiff in Huaweis junger Notebook-Flotte. Neben dem MateBook X hat das unternehmen auch ein Detachable, das MateBook E, sowie das MateBook D, einen Lowlevel-Gaming-Laptop auf den Markt gebracht, der allerdings in Europa nicht verkauft wird. Mit dem „normalen“ MateBook gibt es zudem ein älteres Detachable-Modell, das wir ebenfalls getestet haben. Wir haben uns das neuste Top-Modell angeschaut und wollen in unserem Testbericht der Frage nachgehen, ob Huawei auch Notebooks kann.
Erster Eindruck
Das Huawei MateBook X gefällt schon auf den ersten Blick, dieser Eindruck, der sich schon im Rahmen unseres kurzen Hands-On in Berlin einstellte, bestätigt sich bei unserem Testgerät. Es kommen allerdings mindestens ebenso schnell gewisse vergleichende Anmutungen auf, über die wir noch sprechen werden. Definitiv zukunftsorientiert ist Huawei mit dem USB-C-Port, auf den das Notebook setzt. Alles andere ist nach Apples radikalem Kahlschlag im Steckerwald, der für manchen Kabelkünstler fraglos schmerzlich war, im adressierten Preissegment auch kaum vermittelbar.
Adaptertechnisch ist Huawei allerdings etwas großmütiger und liefert Adapter für HDMI, VGA und normales USB mit. Ein durchweg positiver Aspekt von USB-C ist die neue Universalität der Netzgeräte. Wir haben das Huawei MateBook X auch bis auf wenige Ausnahmen konsequent mit einem MacBook-Ladegerät aufgeladen, das ohnehin schon in der Wand steckte. Ein 3,5 mm-Klinkenanschluss ist am Computer noch weitgehend Standard und Huawei hält sich daran.
Verarbeitung
Das Huawei MateBook X fühlt sich schön an, anders kann man es nicht sagen. Das Metallgehäuse ist exzellent verarbeitet, merkbare Schwächen finden sich nirgends. Das Gehäuse gibt unter Druck nicht nach. Die Abmessungen von 296x224x12,5 mm und das Gewicht von 1,05 kg machen das MateBook X zu einem waschechten Ultrabook.
Die Scharniere zwischen Bildschirm und Gehäuse aus Metall wirken robust und belastbar, sind dennoch aber schön leichtgängig und erlauben ein einhändiges Öffnen des Bildschirms. Die Tastatur ist ein Pluspunkt, der uns bereits während der Präsentation positiv auffiel: Das Huawei MateBook X qualifiziert sich problemlos als handliche Schreibmaschine. Der Druckpunkt ist präzise, das Tippgefühl hervorragend, wenn das MateBook X auch den Trend zu einem zunehmend kleineren Tastenhub mitmacht.
Dennoch lässt sich auf der Tastatur flüssig schreiben und der Tastenanschlag ist nicht so penetrant laut, wie es derzeit bei anderen Notebooks der Spitzenkategorie zu beobachten ist. Leider fallen die Pfeiltasten sehr klein aus und sind überhaupt nicht von umgebenden Tasten abgesetzt, was eine gewisse Eingewöhnung erfordert. Im runden Power-Button rechts oben – woher Huawei diese Idee wohl hat – ist ein Fingerabdrucksensor integriert, der von Windows Hello angesprochen werden kann.
Mit dem MateBook X arbeiten
Was nun folgt, ist unser Alltagstest, dem wir jedes Testgerät unterwerfen und der zeigen soll, wie sich das Produkt bei typischen Aufgaben schlägt. Und wie bei jedem neuen Notebook, beginnt auch hier die Arbeit mit dem Einschalten und dem ersten Einrichten. Wir nutzen die Gelegenheit stets, um einen Blick auf die Entwicklung der Betriebssysteme zu werfen – Und das heißt bei einem Windows-Gerät Microsofts Weg von der langweiligen, immer gleichen Büroumgebung hin zu einer mittlerweile immer unbekannteren Landschaft.
Nach dem Einschalten spricht uns das Huawei MateBook respektive das vorinstallierte Windows 10 umgehend an und es präsentiert sich ein Einrichtungsassistent, den wir so noch nie gesehen haben. Stellenweise wussten wir nicht, ob wir nun lachen oder weinen sollen. Die Einrichtung wird geführt von Cortana, Microsofts sprechender Assistentin. Diese gibt unaufgefordert und unerwartet Kommentare zum Setup von sich, mal gesprochen, mal schriftlich, mal beides: „Einmal W-LAN einrichten hier, Passwort eingeben da, schon bist du fertig“, heißt es etwa. Nein, das ist nicht das steife konservative Windows, das wir kennen, so gar nicht. Der neue Setup-Assistent versucht alles ganz ganz einfach erscheinen zu lassen und verwirrt mitunter enorm.
Die gesprochenen Anweisungen sind manchmal vorproduzierte Sprach-Samples, mal von der künstlichen Cortana-Stimme gesprochen, was irritierend ist, denn dadurch entsteht ein zwar eher undramatischer, aber unbewusst doch deutlich merkbarer Bruch in der akustischen Anmutung der Einrichtung. Zudem konnten sich die Dialogdesigner im Windows-Team nicht entscheiden, ob sie den Anwender duzen oder siezen wollen. Am Mac, bei Google und bei vielen anderen Diensten hält seit wenigen Jahren der Trend zum informellen Du an. Einige Computer-Nutzer haben ihre liebe Not, sich an die distanzlose Anrede zu gewöhnen, die vor allem im Problemfall eine völlig unangebracht erscheinende Heiterkeit vermittelt. „Dein Computer ist kaputt, schade!“ So in etwa lesen sich inzwischen manche Meldungen am Mac und Windows bewegt sich offenbar genau in diese Richtung.
Doch der Umbruch ist noch nicht abgeschlossen, was daran deutlich wird, dass dem System während der Einrichtung und auch im späteren Betrieb immer wieder einmal ein verschämtes „Sie“ herausrutscht. Andererseits, können wir uns einen Büro-Computer vorstellen, der uns mit Anweisungen alla „Hey jo, deine Tinte ist fast alle, hol mal Nachschub!“ durch den Tag begleitet?
Während der Einrichtung wird das Einlesen des eigenen Fingerabdrucks vorgeschlagen, worauf wir eingingen. Die Einrichtung läuft ähnlich ab, wie vom iPhone oder anderen Smartphones bekannt. Sodann muss noch ein weiteres Identifikationsmerkmal gesetzt werden, für den Fall, dass der Login mit dem Fingerabdruck scheitert. Früher war dann unter Windows das Passwort des jeweiligen Nutzerkontos einzugeben. Nun wird der Nutzer aufgefordert, eine zusätzliche PIN für sein Microsoft-Konto zu setzen, die dann auch noch gewissen numerischen Komplexitätsansprüchen genügen muss: Keine aufeinanderfolgenden Zahlen, nicht zu oft die selbe Zahl im PIN, gut und schön und sicherheitstechnisch definitiv sinnvoll, aber wozu das alles, wo es doch schon das Konto-Kennwort, Passwort-Hinweise und eine Zwei-Faktor—Authentifizierung gibt?
Zumindest der Fingerabdrucksensor selbst funktioniert perfekt: Die Entsperrung aus dem Sperrbildschirm oder beim Booten erfolgt blitzschnell und stets zuverlässig. Interessant: Wann immer der Anflug eines Problems im Setup auftaucht, das W-LAN-Passwort falsch eingegeben wurde oder die Nutzer-ID des Microsoft-Kontos nicht stimmt, verabschiedet sich Cortana umgehend und lässt kein aufmunterndes oder gar hilfreiches Sprüchlein hören. Sobald der Nutzer den Bremsstein aus dem Weg geräumt hat, ist sie aber wieder voll da und beendet schließlich die Einrichtung mit der Krönung kommunikativen Unvermögens: „Jetzt kannst du dir so viele Katzenvideos anschauen wie du nur willst.“ Autsch! Gut gemeint ist eben oft nicht gut gemacht. Für das MateBook X gilt das allerdings nicht und Huawei hat hier nichts falsch gemacht, das zeigt sich auch im Betrieb schnell. Buchstäblich, denn das Gerät läuft schnell und Windows verhält sich absolut flüssig. Das wird durch die Performance-Hardware ermöglicht.
Das Huawei MateBook X wird von einem zweikernigen Core i5-7200U Kaby Lake angetrieben, dem acht GB LPDDR3-RAM zur Verfügung stehen. Der Nutzer kann auf einer 256 GB großen SSD Daten und Apps ablegen. Damit ist die Speicherkapazität ordentlich dimensioniert und die SSD ist für alle Alltagsaufgaben schnell genug. Die Kühlung erfolgt passiv und funktioniert sehr gut. Wir haben es zwar nie über längere Zeit brutal getreten, aber bei unseren Performance-Tests, als auch im Routinebetrieb, wurde das Huawei MateBook X nie heiß, sondern höchstens handwarm. Das Display misst 2.160×1.440 Pixel und durch die genutzte IPS-Technik wird eine gute Blickwinkelstabilität erreicht. Der Bildschirm besitzt eine spiegelnde Oberfläche, was manchmal negativ auffallen könnte. Wir haben aber wetterbedingt etwa auf einen Test im Sonnenlicht verzichten müssen. Die maximale Helligkeit sticht nicht heraus, ist aber ordentlich. HD-Videos laufen stets flüssig.
Jeder Film und jede Serie wird begleitet von einer Tonspur, und hier versucht Huawei besonders zu punkten. Die Lautsprecher wurden in Zusammenarbeit mit Dolby entwickelt, was Huawei während seines Launch-Events in Berlin eine eigens eingerichtete schallisolierte Vorführkabine wert war. Dort sollte gezeigt werden, wie beeindruckend der Stereo-Effekt der verbauten Lautsprecher und wie hochklassig die Soundausgabe auch über Kopfhörer ist. Wir nahmen damals die Gelegenheit dies zu begutachten und kamen zum Schluss: Ganz interessant, definitiv zählt das Huawei MateBook X zu den Notebooks mit den besseren Lautsprechern, aber was ist mit dem großen Dolby-Versprechen? In Berlin konnten wir nur ausgewählte Demo-Tracks hören, was einerseits verständlich ist, da das Tonmaterial entsprechende Eigenschaften aufweisen muss. Doch im realen Alltag spielen wir alles mögliche an Audios ab und bleibt da noch etwas vom angekündigten „Wow“?
Die Antwort ist etwas ernüchternd, aber im Grunde erwartbar: Nein. Der Klang ist gut, daran ist nicht zu rütteln. Das Volumen ist für ein so kleines Notebook erstaunlich groß, der Klang ist voll und vermag ein mittelgroßes Büro zu füllen. Bass ist Mangelware, das ist allerdings stets die schwerste Disziplin. Ob das aktuelle MacBook Pro oder das Huawei MateBook X spielt, uns würde der Unterschied vermutlich nicht auffallen.
Den Rest unserer Standardaufgaben erledigt das Huawei MateBook X anstandslos und ohne Auffälligkeiten: Surfen im Web und Videos schauen mit Edge, tippen von Texten, arbeiten mit Dateien und Bildern, das alles geht locker von der Hand. Die Steuerung des Systems mit dem Touchpad weist hier und da kleine Ungenauigkeiten im Zeigerverhalten auf, was aber eher ein Windows-Problem zu sein scheint. Der Akku leert sich nur langsam, das System ist in der Regel genügsam.
Frag mich etwas
Erneut schauen wir auf die Entwicklung Cortanas: Bei früheren Tests unter Windows 10 verhielt sich die Assistentin noch bockig, war verstockt und eher unkommunikativ, das hat sich geändert. Inzwischen kann sie auch berührungslos angesprochen werden: „Hey Cortana“ ist mit wenigen Klicks eingerichtet und ab da hört Cortana so gut, dass sie sich auch gelegentlich versehentlich zu Wort meldet, wenn im Gespräch das Wort Cortana fällt.
Die Sprache ist gut verständlich, die Stimme ist ordentlich designt, so zärtlich wie Siri ist sie allerdings nicht. Die Antwortleistung ist durchwachsen. Oft springt Cortana ins Web und liefert mehr oder weniger passende Suchvorschläge aus Bing. Fragen nach dem Wetter, Kalenderterminen oder wichtigen Fakten bewältigt sie indes ohne Mühe. Bis diese Assistenten allerdings einen echten Mehrwert bieten, wird es noch dauern.
Fazit
Wir haben diesen Test mit der Frage eröffnet, ob Huawei nicht nur Smartphones, sondern auch Notebooks kann und können hierauf eine klare Antwort geben: Ja, können sie. Das Huawei MateBook X ist ein leistungsstarkes Ultrabook, das durch hochwertige Materialien, hervorragende Verarbeitung und gute Performance glänzt.
Huawei hat aber – und dafür fehlt dem Autor jedes Verständnis – überdeutlich in Richtung Apple geschielt und eine Art Windows-Klon des MacBooks entworfen, wie wir es schon bei vielen anderen Herstellern gesehen haben, warum? Gibt es tatsächlich keine andere Möglichkeit mehr, einen tragbaren Computer gut und effizient zu gestalten? Hat Apple bei seinem MacBook-Design die Allzeit-Ideallinie gefunden, sozusagen den goldenen Schnitt der Notebook-Entwürfe? Wir bezweifeln es, auch wenn Apples Computer designtechnisch ganz zweifellos viele Vorzüge haben. Den Herstellern kann man nur raten, mit mehr Einfallsreichtum Konzepte zu verwirklichen, die nicht versuchen wie Apple auszusehen. Dieser Plan scheitert schon daran, dass Windows niemals macOS werden wird, da ändern auch einige geänderte Dialoge und ein neues Outfit nichts. Trotzdem, das Huawei MateBook X ist ein gelungenes Ultrabook, das seinen Preis wert ist.
Mit Material von Alexander Bergmann
- 13,3"-Display mit 88% Screen-to-Body-Ratio und 2K-Bildschirmauflösung, 2 USB 3.0 (C-type)
- Lüfterlos mit revolutionärer Kühl-Technologie
- Schnell und sicher dank Fingerabdrucksensor im Power-Button
- Ultrakompakt mit nur 1,05 kg Gewicht
- Einzigartiges Audio-Erlebnis mit Dolby Atmos
Letzte Aktualisierung am 19.03.2020, es gilt nur der aktuelle Preis, welcher direkt bei Amazon angezeigt wird. Alle Preise ohne Gewähr und ohne Versandkosten. Bilder von der Amazon Product Advertising API. Alle Links sind Affilate Links
Zusammenfassung
Mit dem Huawei MateBook X versucht der Chinese den Kampf der Kämpfe. Mit einem hohen Preis und ähnlichen Spezifikationen wie die eines Mac- oder SurfaceBooks hat es das MateBook nicht gerade leicht. Dennoch kann das Notebook souverän überzeugen, lediglich das Betriebssystem ist ein Wermutstropfen. Nichts desto trotz: Das Huawei MateBook X ist ein gelungenes Ultrabook, das viel für die Zukunft verspricht.
3.94
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