Die Europäische Union ist bei der Digitalisierung hinten dran, allen voran Deutschland. Während in weiten Teilen der Welt bereits Glasfasernetze verlegt werden, kämpfen wir hierzulande noch immer mit Kupferkabeln – und das nicht einmal erfolgreich. Doch scheinbar plant nun die Europäische Kommission einen EU-weiten Ausbau des Glasfasernetzes. Obwohl erst morgen die Pläne vorgestellt werden sollen, widersetzt sich die Deutsche Telekom bereits dem Ausbau.
Bis 2018 soll es in Deutschland ein flächendeckendes 50 Mbit/s Netz geben – zumindest wenn es nach dem Traum der Bundesregierung geht. Denn wie es aktuell aussieht, wird das Ziel verfehlt. Bis 2018 könnten maximal 90 Prozent aller Haushalte versorgt werden, berichtete gestern der Branchenverband BITKOM. Einem Bericht der FAZ zufolge möchte die Europäische Kommission das Ruder nun selbst in die Hand nehmen. Laut der FAZ möchte der Digitalkommissar Günther Oettinger am morgigen Mittwoch einen neuen Ausbauplan für die Europäische Union vorstellen. Dieser Plan beinhaltet unter anderem, dass bis 2025 alle Haushalte in der EU mit mindestens 100 Mbit/s an das Glasfasernetz angeschlossen werden sollen.
Dank der Glasfaser-Technik soll es auf Wunsch sogar problemlos möglich sein, die Leitung auf ein Gbit/s anzuheben. Neben dem Plan soll Oettinger am Mittwoch auch die Umsetzung vorstellen. Das Ziel klingt schon sehr verlockend – wenn da nicht die Deutsche Telekom wäre. Denn die Zeitung berichtet weiter, dass der neue Plan dem ehemaligen Staatsbetrieb überhaupt nicht schmeckt – gleich aus mehreren Gründen.
Bereits im Voraus sind die Pläne nämlich durchgesickert und liegen der FAZ vor. Der Plan sehe einen kompletten Ausbau der Glasfasernetze vor. Schon seit Jahren fordert die Deutsche Telekom jedoch den Ausbau über Kupfer-Kabel mit VDSL-Vectoring. Wenn die Telekom nämlich ein Glasfasernetz baut, muss der Provider seiner Konkurrenz einen kostengünstigen Zugang geben, sodass diese ihre Dienstleistungen auch über das Telekom-Netz anbieten können. Deshalb sei das Verlegen von Glasfasernetzen alles andere als profitabel, argumentiert der Bonner Konzern.
Leere Versprechen werden bestraft
Außerdem plant Günther Oettinger, dass nicht nur die ehemaligen Staatsbetriebe gefordert werden sollen. Der Digitalkommissar fordert vor allem, dass die Konkurrenten unterstützt und gestärkt werden müsse. Darüberhinaus sollen die in Spanien und Portugal erfolgreichen Finanzierungsmodelle für den Glasfaserausbau auch in den restlichen EU-Staaten übernommen werden. Der Finanzierungsplan sieht vor, dass sich alle interessierten Telekommunikationsanbieter an den Kosten des Glasfaserausbaus beteiligen. Die Investoren teilen sich nach dem Ausbau die Leitung und müssen die die Nutzung nicht bezahlen. Dritte müssen nach einem Ausbau entsprechend mehr bezahlen. Die Kosten müssten dann mit den Investoren verhandelt werden.
Diese Finanzierungsmodelle gehen der Deutschen Telekom wie bereits oben geschrieben zu weit. Bislang war der Provider als ehemaliger Staatsbetrieb der einzigste Provider, welcher das Netz in Deutschland ausbauen kann. Anschließend musste die Konkurrenz den Zugang erwerben. Diese Einnahmequelle würde wegfallen.
Zudem sollen nationale Regulierungsbehörden alle drei Jahre den Ausbaustand überwachen. Die Behörde prüft, wie der Ausbau vorangeht und schaut sich die geplanten Projekte an. Sollten die Anbieter lediglich Planungen vorgenommen aber nicht umgesetzt haben, sollen Strafen verhängt werden können. In der Vergangenheit haben Netzbetreiber nämlich einen Ausbau versprochen, um örtlichen Initiativen auszuweichen. Letztlich waren das oftmals nur leere Versprechungen, was mit dem neuen Gesetz verhindert werden soll. Klar, auch die Telekom hatte leere Planungen vorgenommen.
Gegenüber der FAZ hat ein Telekomsprecher sich übrigens zu dem neuen Vorhaben geäußert. Demnach seien sich die Investoren jetzt schon einig, dass der Glasfaserausbau keinerlei Investitionsschub für die Europäische Union bedeuten würde.
Obwohl sich die Deutsche Telekom gegen das neue Ziel von Günther Oettinger wehrt, gibt es doch noch Zustimmung: und zwar im Mobilfunk. Der Digitalkommissar fordert nämlich einen festgelegten Zeitraum, in welchen die europäische Mitgliedsstaaten die Frequenzen für den neuen 5G-Standard an die Provider vergeben müssen. Bei älteren Techniken wie LTE konnten die Staaten nämlich frei entscheiden, wann die Frequenzen vergeben werden. Das hat unter anderem auch in Deutschland für Verzögerungen im LTE-Ausbau gesorgt.