LG V30 im Test: Zwischen Licht und Schatten
LG hat mit seinem Smartphone LG V30 ein neues Top-Modell im Portfolio. Es wurde bereits im Sommer angekündigt, hat dann einen sehr langen Anlauf genommen und ist nun seit einiger Zeit auf dem Markt. Es adressiert einmal mehr Premium-Kunden, die viel Leistung für viel Geld wollen. Ob es dieses Versprechen einlösen kann, soll unser Test zeigen. Das Testsample haben wir einige Wochen zum Testen erhalten.
Das LG V30 ist das aktuelle Flaggschiff von LG. Es richtet sich an anspruchsvolle Käufer und einen geräumigen Geldbeutel. Wir finden einige LG-typische Ausstattungselemente und Eigenschaften, was gleichermaßen gut und eher nachteilig sein kann. Dieses Gerät macht einiges richtig, aber manches auch nicht richtig gut. Zudem könnte es ratsam sein, mit einem Kauf noch etwas zu warten: Jüngst wurden nämlich Gerüchte laut, wonach LG eine überarbeitete Version mit AI-Fähigkeiten zum Mobile World Congress nach Barcelona bringen könnte. Wer bereits gekauft hat, könnte sich dann ärgern, doch dazu später mehr.
Die Spezifikationen
Das LG V30 ist performancetechnisch auf dem Stand seiner Zeit. Es wird vom aktuellen Qualcomm Snapdragon 835 mit vier 2,45 GHz-Kernen und weiteren vier 1,9 GHz-Kernen angetrieben, denen vier GB Arbeitsspeicher zur Verfügung stehen. Der interne Speicher ist 64 GB groß und kann via Speicherkarte um bis zu 400 GB erweitert werden. Das Sechs-Zoll-POLED-Display stellt 2.880×1.440 Pixel und 16 Millionen Farben dar. Es wird von Gorilla Glass 5 geschützt.
Die Hauptkamera ist ein Dual-System mit einer 120 Grad-Weitwinkel-Linse mit 13 Megapixeln und einer 16-MP-Kamera mit einem Öffnungswinkel von 71 Grad. Die Frontkamera macht Selfies mit fünf Megapixel-Auflösung. Geladen wird das LG V30 via USBC oder Qualcomms QuickCharge 3.0. Die verfügbare Datenrate am USB-C-Anschluss liegt auf USB 2.0-Niveau. Eine 3,5 mm-Klinkenschnittstelle ist vorhanden. Navigiert werden kann mittels AGPS und Glonass; Installiert ist Android 7.1. Der Akku verfügt über eine Kapazität von 3.300 mAh.
Design und Verarbeitung
Das LG V30 ist auf den ersten Blick wertig und durchaus gefällig verarbeitet. Im Kleid aus Stahl und Glas liegt es ganz im aktuellen Trend des Marktes. In der Hand fühlt sich das V30 wirklich schön an, man kann aber nicht umhin es als wirklich, wirklich groß zu empfinden. Das wird durch das Sechs-Zoll-Display verursacht, dessen Ränder leicht kurvig und erfreulich schmal ausfallen, wenn auch kein gänzlich randloses Display bewundert werden kann. Wenn schon, die Entwicklung ist klar erkennbar.
Besonders bruchfest soll das LG V30 sein, allein, es wirkt ganz und gar nicht so: Wir waren stets bemüht, es wie ein rohes Ei zu behandeln. Die Glasrückseite ist zwar schick, zieht aber auch Fingerabdrücke magnetisch an, das im Lieferumfang befindliche Mikrofasertuch wirkt da schon fast wie eine nette Geste des Herstellers. Apropos Fingerabdrücke: Der Fingerabdrucksensor ist auf der Rückseite untergebracht, was uns noch nie gefallen hat. Immerhin, er lässt sich präzise tasten und der Anwender kommt auch nicht so leicht versehentlich auf die darüberliegende Kamera, die ist weit genug weg. Der Sensor selbst macht einen guten Job und entsperrt das Flaggschiff geradezu gedankenschnell.
Die Objektive der Hauptkamera stehen kaum merklich aus dem Gehäuse hervor, ein Design-Plus, von dem Apples Ingenieure womöglich wünschten, sie hätten es. Die Lautstärke-Tasten sind als getrennte Tasten ausgeführt. Sie liegen zwar dicht beieinander, lassen sich aber dennoch treffsicher tasten und haben einen knackigen Druckpunkt. An der Unterseite findet sich die USB-C-Buchse zum Aufladen an kompatiblen Ladegeräten.
USB-C am Smartphone ist etwas, das wir nicht mehr missen möchten. Bleibt zu hoffen, dass mittelfristig alle Smartphones auf diesen dann wirklich wieder universell einsetzbaren Anschluss setzen. Auch das drahtlose Laden im QI-Standard beherrscht das Smartphone. In unserem Test stieg der Akkustand innerhalb einer Stunde von 6 Prozent auf 68 Prozent, doch bekanntlich braucht das letzte Drittel immer besonders lange. Um das LG V30 voll zu laden, sind deutlich mehr als zwei Stunden nötig.
Gegen den Markt geht LG bei einer anderen Sache: Das LG V30 verfügt noch über einen 3,5 Millimeter-Klinkenanschluss. Hier kann das mitgelieferte Bang & Olufsen-Headset angeschlossen werden und da kommen wir gleich zu einer etwas seltsamen Beobachtung. Auch wenn die Kollegen anderer Redaktionen dem Headset und seinem Klang ein lobendes Zeugnis ausstellen, können wir uns dieser Beurteilung nicht anschließen. Auf uns wirkte der Ton aus den Kopfhörern der bekannten dänischen HIFI-Marke bassarm, plastikartig und allerhöchstens mittelmäßig.
Das LG V30 im Einsatz
Die Einrichtung des LG V30 geht flott und intuitiv von der Hand. Recht schnell ist der Nutzer auf einem recht aufgeräumten Homescreen. Hier erwarten ihn kaum Überraschungen: Zum Einsatz kommt die bekannte LG-Oberfläche mit den bekannten LG-Dienstprogrammen nebst den ebenfalls unvermeidlichen Google-Apps. Die sind zumindest beim V30 bereits alle mit dem Google-Konto des Besitzers verbunden un eingeloggt, leider keine Selbstverständlichkeit bei allen Android-Smartphones.
Die Einstellungen hat LG ein wenig anders als unter Android üblich aufgebaut. Gruppierte Optionen sollen wohl die Übersichtlichkeit steigern, wir waren hier geteilter Meinung. Ein Kollege empfand das Layout als durchaus vorteilhaft, ein anderer sah hierin eine überflüssige Umgewöhnung vom bekannten Android-Einerlei.
Ein Plus: LG verzichtet auch beim jüngsten Flaggschiff darauf, das Smartphone mit überschüssiger Bloatware vollzupacken, vom verbauten 64 GB großen Speicher bleibt erfreulich viel übrig. Das V30 ist mit dem besten an mobiler Prozessortechnik ausgestattet, das derzeit auf dem Markt ist. Auch ist der RAM mit vier GB großzügig bemessen. Die Folge ist ein stets flüssig und ruckelfrei reagierendes System.
Das OLED-Display macht einen soliden Job: Unsere Tests fallen oft etwas gnädiger aus als die einiger Redaktionen: Zwar ist der Bildschirm nicht überragend hell und einen latenten Stich ins Blaue gibt es auch, wir erkennen darin aber keinen übermäßigen Mangel. HDR-Videos sehen zumindest gut aus.
Die magische Stimme
Ein echtes Highlight war für uns die sprachaktivierte Entsperrung, die das auf der IFA vorgestellte Gerät anbietet. Fingerabdruck ist alt bekannt, Gesichtserkennung ist gerade im Kommen, ein Stimmabdruck ist neu: Gut, auch hier gab es schon hier und da Versuche, wirklich zu überzeugen vermochten sie nicht. Das LG V30 lässt sich mit einem Aktivierung-Satz entsperren, das ist ein aus wenigstens zwei Worten bestehender kurzer Text. Wir fanden diese Funktion wahnsinnig faszinierend, wenn eine Nutzung im Alltag auch eher weniger praktikabel ist.
Zunächst: Die Einrichtung des Stimmabdrucks ist recht gut erklärt, wenn die Funktion auch ganz und gar unauffällig in den Einstellungen versteckt schlummert. Der Text muss mehrere Male laut und deutlich gesprochen werden, vergleichbar der Einrichtung eines Fingerabdrucks. Tja und dann… dann wollten wir es testen. Resultat: Beachtlich! Das Smartphone entsperrte sich fortan zuverlässig und zügig auf Zuruf, so wie wir den Aktivierung-Text sprachen. Ähnlich wie bei einem Smart Speaker genügt es, die Worte einfach in den Raum zu sprechen, besonders laut muss dabei nicht gesprochen werden. Es verbessert die Erkennungesleistung, wenn wir in die Richtung des Gerätes sprechen, das aber bis zu dreieinhalb Meter entfernt sein darf, um aktiviert zu werden.
Wir? Da könnte ja jeder mithören, mit welchen magischen Worten der Autor sein Smartphone entsperrt. Doch nein: Tests zeigten zuverlässig, dass einzig die Stimme des Besitzers das Gerät zu erwecken vermag. Wieso das leider trotzdem alles nichts ist, was Fingerabdruck oder Gesichtserkennung verdrängen dürfte? Erstens ist das Problem einer Aufzeichnung hier kaum zu lösen. Und schließlich: Wer möchte auf der Straße, im Zug oder im Flugzeug seinem Smartphone zunächst gut zureden, damit es sich öffnet? Dennoch, als Machbarkeitsnachweis und für Situationen, in denen der Nutzer allein ist, ist die Funktion interessant, wenn auch noch ausbaufähig. Das sprachgesteuerte Annehmen von Anrufen auf einem Smartphone, das Meter entfernt auf einem Tisch liegt, wäre etwa ein Nutzungsszenario.
Die Kamera
Beim LG V30 kommt auf der Rückseite erneut ein duales Linsensystem zum Einsatz: Eine 120 Grad-Ultra-Weitwinkel-Kamera mit einem 13-MP-Sensor und einer Blendenöffnung von f/1.6 wird durch ein 16-MP-Objektiv mit einem 71-Grad-Winkel und einer Brennweite von f/1.9 ergänzt. Die Kamera kann uns fast durchweg überzeugen. Wir haben uns abermals für einen kleinen Test unter erschwerten Bedingungen bei wenig Licht entschieden. Antreten muss das LG V30 gegen mittlerweile altbekannte Kandidaten: das iPhone X (zum Testbericht) und das iPhone SE (zum Testbericht).
Die Ergebnisse des LG V30 und des iPhone X sind sich hier auf den ersten Blick sehr ähnlich. Das mit dem iPhone SE aufgenommene Bild ist hier leicht dunkler geworden und wirkt im Farbvergleich etwas blasser. Im Vergleich bei 100 Prozent fällt allerdings auf, dass im Bild des LG V30 weniger Bildrauschen zu sehen ist als in dem des iPhone X, deutlich zu erkennen am Übergang der weißen Tapete zur schwarzen Vitrine. Hier greift das LG V30 sichtlich in Form einer Rauschreduzierung ein. Das geht leider auf Kosten der Details. Hier sind beim iPhone X in der Blume einige mehr zu erkennen. Diese wirkt beim LG V30 in der Folge etwas glatt.
Beim Vergleich der Aufnahmen mit eingeschaltetem Blitz fällt zunächst auf, dass der Vordergrund bei allen Testgeräten schön abgebildet wird. Beim Hintergrund sind allerdings deutliche Unterschiede zu erkennen. Beim Bild aus der Kamera des iPhone SE ist nicht mehr viel zu erkennen, das LG V30 stellt hier noch ein paar mehr Details dar. Ungeschlagen ist aber das iPhone X: der Hintergrund sieht gut ausgeleuchtet und detailreich aus.
Apple hat beim iPhone X softwareseitig ein besonderes Feature eingespielt. Das iPhone X nutzt eine längere Belichtungszeit für Fotos mit Blitz. Hierdurch gelangt mehr Licht des Hintergrundes auf das Bild und das Hauptobjekt wird durch den Blitz eingefroren. Das LG V30 und das iPhone SE nutzen kürzere Belichtungszeiten, sodass der Hintergrund nicht mehr zu erkennen ist. So sehen die Bilder im Ergebnis mehr nach geblitzten Bildern aus, beim iPhone X hingegen wirken die Ergebnisse deutlich natürlicher.
Im direkten Vergleich der Blume fällt hierbei allerdings auf, dass das Bild des LG deutlich schärfer ist als die der beiden iPhones. Aufgrund der längeren Belichtungszeit des iPhone X verwackeln die Bilder ein wenig, der Blitz kann diese kleinen Verwackler nicht 100 prozentig ausgleichen. Das LG V30 liefert so durch seine kürzere Belichtungszeit das schärfere Bild.
Kommen wir zu einer großen Besonderheit, die LG schon geraume Zeit in seine Premium-Smartphones einbaut: Statt einem Zoom-Objektiv findet sich auf der Rückseite eine Weitwinkel-Kamera. Diese ermöglicht es, tolle und neue Blickwinkel zu erkunden und auf Fotos festzuhalten. Wir haben das einmal für euch festgehalten: Beide Fotos sind aus ein und derselben Perspektive entstanden. Mit der Weitwinkel-Kamera bekommt ihr so einiges mehr auf eure Fotos.
Die Kamera des LG V30 hat uns wirklich überzeugt. Sie vermag auch bei schlechten Lichtverhältnissen gute Fotos zu schießen. Auch einem Vergleich mit dem iPhone X meistert sie gut. Welches Smartphone nun die besseren Ergebnisse liefert, liegt einzig am Geschmack des Anwenders. Eins hat es uns aber mal wieder angetan: die Weitwinkel-Kamera. Mit ihr lassen sich Perspektiven und Details auf Fotos bannen, die mit den Linsen aller Konkurrenten so nicht möglich sind.
Kein Test ohne Wermutstropfen: Bei der Handhabung der Kamera fiel ein merkbares Ruckeln beim Nachführen des Fokus auf. Auch das Hineinzoomen in ein Motiv gelingt nicht ruckfrei und der Wechsel von einem Objekt zum anderen ist aufgrund der deutlich verschiedenen Blendenöffnung deutlich merkbar. Die Bilder unseres Kameratests gibt es übrigens in der Dropbox in voller Auflösung.
Schatten voraus
LG überarbeitet derzeit sein Smartphone-Portfolio: Die G-Serie scheint auf ein baldiges Ende zuzusteuern, vom Modul-Konzept, vorgestellt mit dem LG G5, hatte man sich bereits zuvor verabschiedet, es blieb glücklos. Auch das LG G6 (zum Testbericht) blieb hinter den Erwartungen zurück und die Arbeiten am G7, dem designierten Flaggschiff von 2018, gehen dem Vernehmen nach nur stockend voran.
LG könnte die gesamte G-Serie überarbeiten. Ein Hinweis darauf gibt ein unbestätigter Bericht südkoreanischer Medien, wonach LG zunächst eine überarbeitete Version des V30 ins Rennen schicken könnte. Sie soll zum MWC 2018 in Barcelona vorgestellt werden und ist mit neu entwickelten AI-Funktionen ausgestattet. LG könnte hier mit Google zusammengearbeitet haben.
Fazit
Mit dem V30 gelingt LG ein Smartphone, das definitiv im Premium-Segment angesiedelt ist. CPU, GPU, Speicherausstattung und Kamera sind State-of-the-Art und liefern überzeugende Ergebnisse. Kleine Unrundheiten stören aber das Gesamtbild: Ein 750 Euro-Smartphone darf nicht mit einem veralteten Android 7.1.1 daher kommen. In softwaretechnisch unsicheren Zeiten von Spectre und Co. und einem Jahr 2017 mit einer Rekordzahl gefährlicher Android-Lücken bei weiterhin katastrophal schlechter Update-Situation kommt dies einem Offenbarungseid gleich. Android Oreo befindet sich derzeit in der Beta-Phase, wann das Update veröffentlicht wird ist derzeit unklar. Davon abgesehen liegen Ausstattung, Performance, Design und Verarbeitung durchweg auf hohem Niveau.
Mit Material von Alexander Bergmann
- Klares 15, 24 cm (6 Zoll) OLED FullVision Display mit QHD+ Auflösung
- 13 Megapixel + 16 Megapixel Dual-Kamera mit Weitwinkelfunktion, 5 Megapixel Frontkamera
- 64 GB interner Speicher, erweiterbar um bis zu 2 TB dank microSD-Karte
- Strapazierfähig gemäß MIL-STD-810G und IP68
- Lieferumfang: LG V30
Letzte Aktualisierung am 20.03.2020, es gilt nur der aktuelle Preis, welcher direkt bei Amazon angezeigt wird. Alle Preise ohne Gewähr und ohne Versandkosten. Bilder von der Amazon Product Advertising API. Alle Links sind Affilate Links
Zusammenfassung
Das V30 ist das aktuelle Premium-Modell von LG. Es kommt mit einem großen Display, einer avancierten Kamera und einem kraftvollen Prozessor. Im Test weiß es zu gefallen, doch steht die Smartphone-Sparte von LG derzeit merkbar unter Druck. Ein Update des LG V30 kündigt sich an, Interessierte sollten daher noch ein wenig Geduld haben und die Augen offen halten.
4.05
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