Seit wenigen Tagen ist das kleine iPad Pro im Handel erhältlich. Das 9,7 Zoll große iPad Pro soll den Computer vollkommen ablösen und auch alte iPad Besitzer zum Kauf anregen. Während bei Apple deutlich die Innovationen ausgehen, schlägt sich das kleine Flaggschiff trotzdem wacker. Ob sich der Kauf lohnt möchte ich mit diesem Testbericht klären. Bereits vor dem Test war klar, dass kleiner nicht schlechter heißt. Denn im Gegensatz zum großen Bruder ist das kleine Gerät fast noch mehr Pro. Denn die Neuheit besitzt auf engerem Raum fast dieselbe Power und sogar ein paar neue Features im Vergleich zu dem 12,9 Zoll protzigen Tablet.
Design & Bildschirm – fehlende Visionen
Das 9,7 Zoll große iPad Pro besitzt dasselbe Gewand wie das iPad Air. Das Design ist damit schon fast drei Jahre alt. Für Apple durchaus ungewöhnlich da eine Designlinie bislang nur zwei Jahre verwendet wurde. Entweder dem Kalifornier gefällt das Gehäuse einfach nur zu gut oder aber dem Entwickler gehen langsam doch die Innovationen aus. Fest steht, dass das Design kein Kaufargument darstellt. Ach so halt – ich vergaß. Es gibt ja doch noch ein kleines Feintuning: anstatt zwei Lautsprechern besitzt das Gerät nun vier Lautsprecher und hat am Rand noch den Smart Connector. Mit diesem können Tastaturen direkt an das iPad Pro angeschlossen werden. Und wieder einmal stehen die Features des Smart Connectors und der vier Lautsprecher im Vordergrund – denn wirklich hübsch sind diese nicht. Außerdem muss der Look einen Rückschritt auf sich nehmen. Auch bei dem iPad Pro steht mittlerweile die Kamera aus dem Rahmen heraus. Gutes Design – Fehlanzeige. Werden diese drei Schönheitsfehler außer Acht gelassen wird wie immer klar, für was Apple steht: die Verarbeitung ist weiterhin qualitativ hochwertig und lässt kaum etwas zu meckern übrig.
Dafür dreht sich bei dem iPad Pro 9,7 Zoll alles um das Display. Der Bildschirm löst unverändert mit Retina auf (2.048×1.536 Pixel). Dafür wurde an der Beschichtung gearbeitet, sodass diese in der prallen Sonne um ganze 40 Prozent weniger reflektieren soll. In der Sonne spiegelt das Display durchaus weniger, wodurch Lesen oder Spielen im Freien besser wird. An ein eBook Display kommt das iPad Pro trotzdem lange noch nicht heran, aber es ist ein Fortschritt. Außerdem wurden die Farben verbessert sodass diese noch kräftiger und heller dargestellt werden. Obwohl das Farbspektrum nun mit einem Filmprojektor verglichen werden kann fällt der Unterschied nicht allzu groß aus. Ein echtes Wunder ist die neue TrueTone Technologie. Mittels Sensoren werden die Farbtemperaturen und -intensitäten immer an die Umgebung angepasst. Dadurch soll ein noch besseres weiß erzielt werden. Im Alltag lässt sich der Unterschied nicht erkennen. Erst wenn das iPad Air 2 zum Vergleich daneben gelegt wird, wird das Ausmaß des Features hervorgehoben. An sich handelt es sich bei dem TrueTone Display um eine nette Spielerei, welche das Arbeiten jedoch nicht unbedingt revolutioniert – aber das Display.
Prozessor – der gedrosselte Wahnsinn
In dem iPad Pro 9,7 Zoll sind die Komponenten des 12,9 Zoll großen Bruders verbaut. Hierbei handelt es sich zum Einen um den A9X Prozessor und zum Anderen um den M9 Co-Prozessor. Mit der 64-bit Architektur möchte das Duo vor allem das iPad Air abhängen. Leider ist der Arbeitsspeicher – wie beim iPad Air 2 – nur zwei Gigabyte groß und bietet deshalb keine Besserung. Im Vergleich der großen Variante, welche vier Gigabyte RAM besitzt, ist der Prozessor sogar gedrosselt. Warum verrät Apple nicht. Nichts desto trotz lässt sich im Speedcheck gemeinsam mit dem iPad Air und dem Air 2 sofort ein Unterschied erkennen. Apps lassen sich deutlich schneller öffnen und Internetseiten sind schneller laden. Der Unterschied zwischen dem iPad Air 2 und dem iPad Pro ist jedoch nicht groß, weshalb dieser im Alltag nicht auffällt. Schuld ist jedoch vor allem das Betriebssystem und die Apps. Der Prozessor kann nicht mit der vollen Leistung glänzen. Das zeigen vor allem Benchmark Tests, welche dem iPad Pro einen deutlich verbesserten Prozessor zuschreiben.
Ein weiteres Highlight: mit dem neuen iPad Pro 9,7 Zoll lässt sich Siri in vollem Genuss verwenden. Der Sprachassistent kann jederzeit mit „Hey Siri“ gerufen werden. Auch die alten iPads konnten dies schon, allerdings nur solange das Tablet an den Strom angeschlossen war. Dank des neuen Coprozessor ist dies jetzt in jeder Alltagssituation möglich. Erwähnenswert ist auch Multitasking, was dem iPad Pro noch mehr Komfort verpassen soll. Auf dem iPad können zwei Apps nebeneinander verwendet werden – ohne Einbußen, sofern die App es erlaubt. Am Rande sollte erwähnt werden, dass leider TouchID der ersten Generation verbaut ist, weshalb der Fingerabdrucksensor keine Verbesserung mit sich bringt.
Kamera – die alte Weltneuheit
Endlich gibt es jetzt einen Grund, mit dem iPad zu fotografieren. Oft genug habe ich Leute beobachtet, welche anstatt mit ihrem iPhone auf das iPad zurückgreifen. Das Traurige an der Sache: die Kamera das iPads ist schlechter als die, des iPhones. Jetzt hat sich das Blatt gewendet. Das iPad Pro 9,7 Zoll soll bislang die beste Tablet-Kamera bieten – verspricht zumindest Apple. Die zwölf Megapixel Kamera ist nicht neu, sondern kommt schon im iPhone 6s (zum Testbericht) zum Einsatz. Zum Ärger vieler Kunden schließt diese nicht bündig zum Gehäuse ab. Der Trost: auch wenn das iPad Pro flach auf dem Tisch liegt fängt das Gehäuse nicht an zu wackeln. Die Kamera verfügt auf der Rückseite endlich über einen Blitz, auf welchen bislang verzichtet wurde. Zudem bietet die Kamera nicht nur Live Photos an, sondern kann Videos in 4k (UltraHD) filmen. Die Live Photos sind eher eine nette Spielerei als eine wahre Revolution. Dafür sind die normalen Aufnahmen um Welten besser. Die 4k Videos spielen in Zukunft sicherlich eine Schlüsselrolle, auch wenn es derzeit nur sehr wenige 4k Bildschirme gibt. Auch die Frontkamera wurde aufpoliert. Diese löst nun mit zwei Megapixel auf und besitzt den Retina Flash, womit auch nachts recht ordentliche Aufnahmen gelingen. Dabei dient das Display selbst als Blitz und erhellt die Umgebung mit grellem, weißen Licht.
Apple Pencil – Schreiben ist keine Kunst
Der Apple Pencil ist – auch wenn dieser satte 109 Euro extra kostet – ebenfalls ein wichtiger Bestandteil des iPad Pros. Mit dem digitalen Bleistift soll der Nutzer wie auf Papier schreiben können. Mit einem Drucksensor werden 256 Druckstärken erkannt. Ganz wie auf Papier ist es dann doch nicht. Der Stift erkennt den Druck präzise und je nach App verändert sich das Stiftverhalten wenn der Stift schräger gehalten wird. Mit einem Bleistift kann so beispielsweise schraffiert und mit einem Textmarker dicker markiert werden. Im Gegensatz zu anderen Stiften kann mit dem Apple Pencil wirklich präzise und sauber geschrieben werden. Mit der Zeit gewöhnt man sich ziemlich schnell daran, auch wenn die Schrift teilweise leiden muss. Das Geschriebene erscheint fast ohne Verzögerungen auf dem Display. Der Apple Pencil kann nicht nur über ein Lightning Kabel, sondern auch über das iPad geladen werden. Dazu kann dieser direkt mit dem Ende eingesteckt werden. Wer auf ein Kabel zurückgreifen möchte, der muss zu dem Adapter greifen, welcher schnell verloren gehen kann. Ein großer Nachteil: jedes Mal wenn Bluetooth am iPad ausgeschaltet war muss der Stift zum Koppeln erneut in das iPad gesteckt werden. Hier leidet auf lange Zeit sicherlich der Akku. Bluetooth einfach eingeschaltet lassen ist ebenfalls keine Lösung, da der Akku des Apple Pencil auch ohne Schreibaufwand in die Knie geht.
Sound – das laute Monster
Das iPad Pro besitzt erstmals in der iPad Geschichte vier Lautsprecher. Jede Ecke verpasst einen einzelnen verpasst, sodass der Sound immer derselbe ist. Im Inneren arbeitet eine Technologie, welche den Ton je nach Lage des Tablets anpassen soll. In meinem Test habe ich allerdings keine Änderung wahrgenommen – egal ob bei der Musik oder im Film. Dafür sorgen die Lautsprecher im Allgemeinen für einen unglaublichen Sound. Der Klang ist um Vielfaches lauter als der der iPad Air 2. Außerdem werden die Bässe und Höhen jetzt noch besser ausgenutzt wodurch eine ganz neue Klangvielfalt aufkommt. In der Tat habe ich Töne in Musikstücken gehört, welche zuvor nie da gewesen sind. Vor allem bei Filmen präsentiert sich der Sound von seiner besten Seite.
Akku – denkste
Neues iPad, besserer Akku – von wegen. Das neue iPad Pro 9,7 Zoll besitzt den Akku des iPad Air 2. Obwohl das neue iPad Pro einen deutlich besseren Prozessor hat sollen weiterhin Laufzeiten von bis zu zehn Stunden im Mischbetrieb erreicht werden. Einen abschließendes Akkuurteil kann ich aktuell aber noch nicht fällen. Heute habe ich das Gerät nun schon vier Tage und muss es schon ein zweites Mal laden. Mit dem iPad Air 2 komme ich im Standard eine Woche über die Runden. Der Vergleich ist jetzt aber alles andere als Fair: da ich das iPad auf Herz und Nieren getestet habe, sind die Werte sicherlich akzeptabel. Wie sich der Akkumulator letzen Endes schlägt, lässt sich ohnehin nur im Langzeittest sagen.
Fazit
Zwar bietet das iPad Pro 9,7 Zoll keine großen Innovationen, trotzdem kann die Neuheit überzeugen. Das iPad Pro besitzt einen deutlich besseren Prozessor, welcher jedoch gedrosselt ist und zumal nicht mehr Arbeitsspeicher bekommt. Dafür kann das Display mit einer deutlich besseren Farbvielfalt und dem TrueTone Display punkten. Die Displaybeschichtung kann indes von nichts getoppt werden. Der Bildschirm spiegelt weniger und das Arbeiten im Freien kann endlich mehr Spaß machen. Wie ich Apple kenne geht da noch mehr – einfach eine Frage der Zeit. Der neue Sound ist umwerfend, wenn auch kein Muss. Die Tatsache, dass die Kamera absteht, lässt das Design schlecht dastehen. Dafür hat Apple bei dem LTE-Modell den Antennenstreifen mittlerweile in den Griff bekommen, was der Optik zu gute kommt. Außerdem kann die Kamera den Kunden mit der Bildqualität und den 4k Videos überzeugen – sofern dieser kein iPhone 6s in seiner Tasche hat. Denn dann wird diese durchaus überflüssig. Auch der Apple Pencil arbeitet hervorragend mit dem iPad Pro, welcher jedoch nicht unbedingt in das Ranking einfließen sollte. Denn über 700 Euro insgesamt nur für einen Stift zu investieren ist übertrieben. Endlich verpasst Apple dem iPad Pro einen 256 Gigabyte großen Speicher und die LTE-Variante startet bereits bei 32 Gigabyte – wie auch die WiFionly Variante. Jetzt kommt das große Aber: die Preise des neuen iPad Pros tuen verdammt weh. Im Vergleich zum iPad Air 2 sind die Preise des iPad Pros drastisch gestiegen. Die Wenigsten werden die 689 Euro für 32 Gigabyte verkraften. Und dann wäre auch noch der Speicherplatz: ein Upgrade kostet hier stolze 180 Euro – einfach übertrieben. Dafür hat Apple dieses Mal die 64 Gigabyte Edition weggelassen und macht gleich mit 128 Gigabyte weiter. Wer dann noch LTE benötigt muss mit 150 Euro Aufpreis extrem tief in die Tasche greifen. Der Preis ist im Vergleich zu den alten iPads nicht mehr gerechtfertigt, aber Apple kann es sich eben leisten. Das iPad Pro ist ein geniales Tablet – ohne Frage. Ob sich der Umstieg von einem iPad Air 2 lohnt, muss dann doch jeder selbst entscheiden.