Als 1969 das Internet sämtliche Forschungszentren und Universitäten miteinander verbunden hat, ahnte sicherlich noch niemand, welche Innovationsdynamik dahinterstecken wird. Nur wenige Jahrzehnte später gibt es Handys, gefolgt von Smartphones, Tablets, Smartwatches und bald vielleicht sogar schon smarte Kontaktlinsen. Es wird noch verrückter: mit dem Internet der Dinge wird unser gesamtes Leben miteinander verknüpft. Autos können in naher Zukunft autonom fahren, der Kühlschrank meckert, wenn das Lieblingsprodukt alle ist, die Waschmaschine meldet sich zu Wort, sobald die Wäsche nachgeschoben werden soll.
Ob das US-Vertreidigungsministerium damals schon geahnt hat, dass die Innovation auch eine gewaltige Schattenseite mit sich bringt? Dass möglicherweise ein amerikanischer Präsident wegen Hackern an die Macht kommt? Oder dass das Internet mit Fake News und Filterblasen nur so überrannt wird? Darüberhinaus gibt es auch noch Hacker, welche den Computer verschlüsseln, um an Geld zu kommen und ein Cyberkrieg stellt derzeit „tatsächlich eine große Gefahr“ dar. Da ist sich der Security Experte Rüdiger Trost von F Secure sicher.
Wir haben den deutschen Security-Experten Rüdiger Trost mit einigen interessanten und derzeit äußerst wichtigen Fragen konfrontiert. Rüdiger Trost ist seit 2005 bei F Secure tätig, seit August 2015 ist Herr Trost Pre-Sales Manager bei dem IT-Sicherheitsexperten. Der finnische Sicherheitsexperte F Secure wurde bereits 1988 gegründet und bietet sämtliche Sicherheitslösungen nicht nur für Windows an. Neben Antivirenprogrammen möchte der Hersteller seine Kunden auch mit VPN Software mehr Datenschutz bieten.
In dem Interview beschäftigen wir uns mit einem Rundumschlag von mobile Security bis zum Internet der Dinge. Viele behaupten, dass iOS sicherer sei, als Android. Auch Rüdiger Trost ist dieser Meinung, dennoch „hilft gesunder Menschenverstand auf Dauer auch nicht weiter“. Bei allen Systemen gilt, immer aktuelle Updates einzuspielen. Vor allem beim Internet der Dinge ist das enorm wichtig, da Startups oftmals nicht immer von Anfang an auf Sicherheit achten. Die größten Gefahren im World Wide Web und wie ihr euch davor schützen könnt.
Mobile Security – effektiver Schutz ist ein Muss
TechnikSurfer: Jeder surft tagtäglich im Internet und setzt sich so ständig Gefahren wie Malware und Cyberattacken aus. Wie schätzen Sie persönlich das Internet ein? Das Internet, ein sicherer oder ein unsicherer Ort?
Trost: Grundsätzlich ist es eher unsicher. Das bedeutet aber nicht, dass man sich nicht schützen kann. Die Unsicherheit steigt natürlich, wenn man Filesharing von unbekannten Quellen nutzt, auf Pornoseiten oder im Darknet surft. Du solltest dir bewusst sein, dass jeder im Internet deine Daten möchte. Die Entfernung spielt dabei keine Rolle: Jeder ist gleich weit von deinem Rechner entfernt – er sitzt direkt am Ende der Datenleitung.
TechnikSurfer: Wie schützen Sie sich persönlich vor Angriffen?
Trost: Ich nutze eine Antivirensoftware, eine Firewall und ein VPN. Essenziell ist aber vor allem auch der gesunde Menschenverstand.
TechnikSurfer: Was ist heute Pflicht, wenn man effektiv geschützt sein will?
Trost: So wie ich mich selbst privat im Internet schütze, würde ich es auch jedem anderen empfehlen. Dabei spielt nicht nur die richtige Software eine entscheidende Rolle, sondern auch, wie man selbst mit dem Internet umgeht. Wenn man vernünftig im Internet handelt, also nicht gleich auf jeden x-beliebigen Link klickt, wenn man hinterfragt wer einem etwas schickt und dergleichen, tut man schon viel für die eigene Sicherheit.
TechnikSurfer: Gibt es bei den mobilen Betriebssystemen ein „sichereres“ Betriebssystem oder sind alle gleich stark vor Virenangriffen gefährdet?
Trost: Sicherer ist auf jeden Fall iOS. Apples Kontrollen funktionieren vor allem im Bereich der Apps ziemlich gut.
TechnikSurfer: Privatsphäre auf Smartphones – Utopie oder möglich?
Trost: Das ist eindeutig eine Utopie! Die Betriebssysteme selbst sind ja bereits auf das Datensammeln ausgelegt. Entschärfen kann man dieses Problem nur mit einem VPN wie unserem Freedome VPN. Mit ihm verschlüsselt man seinen Datenverkehr über sichere Server, sodass das Betriebssystem und andere Programme nicht mitlesen und Daten abgreifen können.
TechnikSurfer: Sind Smartphones Ihrer Meinung nach ernsthaft gefährdet?
Trost: Auf jeden Fall, man muss sich ja nur einmal die Virenstatistik von Android anschauen. Es gibt allein 19 Millionen Malware-Programme für Android, die ähnlich wie bei Windows PCs die gesamte Bandbreite an Bedrohungen abdecken.
TechnikSurfer: Was ist die größte Gefahr im World Wide Web, welche auf die Nutzer im Internet lauert?
Trost: Ransomware. Das sind bestimmte Trojaner, mit denen Kriminelle Geld von Betroffenen erpressen. Zum Beispiel durch die Verschlüsselung von Geräten oder die Drohung, mit persönlichen Daten des Benutzers an die Öffentlichkeit zu gehen. Diese Bedrohung nimmt auf allen Geräten immer mehr zu.
TechnikSurfer: Und Antivirenprogramme können dabei helfen, die Gefahren zu bannen?
Trost: Ja. Wirklich! Man sollte sich auf allen Geräten so gut wie möglich absichern, da hilft gesunder Menschenverstand auf Dauer auch nicht weiter.
Ein Cyberkrieg „ist tatsächlich eine große Gefahr“
TechnikSurfer: Immer wieder ist die Rede davon, dass die Wahlen von Trump von Hackern manipuliert wurden. Auch künftige Wahlen seien stark gefährdet, was ja fast schon nach Cyberkrieg klingt. Schätzen Sie das Risiko vor einem Cyberkrieg als eher gering ein oder fühlen Sie sich in der aktuellen Weltlage davon sogar ein Stück weit bedroht?
Trost: Ich denke, das ist tatsächlich eine große Gefahr. Vor allem weil kritische Infrastruktur – wichtige Einrichtungen für das staatliche Gemeinwesen wie der Energiesektor, Telekommunikation und die Wasserversorgung – oftmals noch nicht ausreichend geschützt ist. Beispiel hierfür ist ein großflächiger Stromausfall in der Ukraine im Dezember 2015, der nachweislich von Hackern verursacht wurde.
TechnikSurfer: Wären wir vor einem Cyberkrieg überhaupt geschützt oder würde die komplette Infrastruktur einfach komplett zusammenbrechen?
Trost: Ein kompletter Zusammenbruch der Infrastruktur ist eher unwahrscheinlich. Das ist eigentlich mehr ein Szenario wie aus einem Roman á la BLACKOUT von Marc Elsberg. Obwohl die in dem Roman dargestellten Ereignisse tatsächlich nicht völlig unrealistisch sind…
Das Internet der Dinge – unsicherer geht kaum
TechnikSurfer: Das Internet der Dinge ist immer mehr im kommen. Kaffeemaschinen können ferngesteuert werden, der Kühlschrank schlägt Alarm wenn die Milch ausgeht – inwiefern unterscheidet sich das Internet der Dinge „vom Rest des Internets“? Vor allem in Hinsicht Sicherheit und Sicherheitsprävention des Internet of Things?
Trost: Gar nicht. Man muss sie ganz genau so behandeln wie alle anderen Systeme – auch wenn das sehr schwer ist.
TechnikSurfer: Welche Risiken lauern beim Internet der Dinge?
Trost: Smarte Geräte, wie Wearables oder Smart Home-Produkte, kommen oft von Startups. Sie legen bei der Entwicklung der Geräte keinen großen Fokus auf die Sicherheit. Diese Geräte nutzen beispielsweise häufig unverschlüsselte Verbindungen und ihre Software wird selten aktualisiert. Außerdem bleibt die Frage, wie lange Sicherheits-Patches überhaupt verfügbar sind. Kann ich meinen Smart TV vielleicht in drei Jahren nicht mehr updaten, weil der Hersteller hierfür gar keine Updates mehr anbietet? Solche Geräte locken dann natürlich Hacker an.
TechnikSurfer: Kann sich der Endverbraucher überhaupt aktiv dagegen schützen oder weis künftig jeder Hacker genau, wer welches Produkt im Kühlschrank stehen hat?
Trost: Das kommt ganz auf das Gerät an. Effizienter Schutz wäre eigentlich nur, das Gerät vom Netz zu isolieren.
TechnikSurfer: Aber dann wären viele Hauptfeatures vom Internet der Dinge hoffnungslos verloren – zumindest teilweise. Was wären Alternativen?
Trost: Zunächst sind Updates unverzichtbar, um die Geräte in Bezug auf die Sicherheit auf dem neuesten Stand zu halten. Dann ist wie gesagt die Isolation vom restlichen Netz wichtig. Außerdem sollte man soweit möglich den Traffic des Gerätes überwachen, um Unregelmäßigkeiten frühzeitig zu erkennen. Um es Hackern so schwer wie möglich zu machen, sollte man auch die Verbindungen mit anderen Geräten einschränken. So können sie durch die smarten Geräte nicht auf jedes andere Gerät zugreifen.
Autonome Autos „sollte man nicht im Vorfeld verteufeln“
TechnikSurfer: Künftig sollen sogar Autos untereinander kommunizieren. Sehen Sie darin eine Chance oder ein Risiko?
Trost: Warten wir es mal ab… Für Angreifer könnte es natürlich sehr interessant sein, sich durch gefakte Informationen eine freie Autobahn zu verschaffen. Aber im Ernst: Grundsätzlich sollte man solche Innovationen nicht schon im Vorfeld verteufeln.
TechnikSurfer: Welche Entwicklungen kommen in der Zukunft auf uns zu?
Trost: Ransomware wird sich auf allen Geräten verbreiten. Wirklich auf allen. Diese Art von Trojanern wird bei Kriminellen immer beliebter.
TechnikSurfer: Was wünschen Sie sich für die Zukunft im Sicherheitsbereich allgemein?
Trost: Ein besseres Sicherheitsbewusstsein der Hersteller von sämtlichen Geräten mit einer Internetverbindung.
TechnikSurfer: Wir danken Ihnen recht herzlich für das interessante Interview, Herr Trost.
Ein Artikel von Daniel Profit und Moritz Krauß