Mit dem neuen MacBook Pro Ende 2016 hat Apple einiges anders gemacht bei seinen Notebook-Modellen. Keine Revolution, aber Nutzer können beziehungsweise dürfen sich auf ein paar Änderungen ihrer täglichen Routine einstellen, wenn sie hier zugreifen. Auch wir haben uns das neue MacBook Pro bestellt und wollen euch unsere Erfahrungen nicht vorenthalten. Das MacBook Pro mit Touch Bar ist Apples erste größere Änderung in der Hauptreihe seiner Notebooks seit einigen Jahren.
Hatte Cupertino mit Einführung des MacBook und dem teilweisen Ende für das MacBook Air schon Veränderungen anklingen lassen, hatte sich das auf die zentralen Portfoliobestandteile bislang noch nicht ausgewirkt. Das ändert sich nun etwas. In unserem Test- und Erfahrungsbericht wollen wir euch nicht mit endlosen Benchmark-Tabellen langweilen, die es seit Marktstart der neuen Modelle schon so zahlreich bei vielen Kollegen zu lesen gibt. Viel mehr stellt unser Bericht eine persönliche Schilderung der Arbeits- und Freizeiterfahrung mit dem neuen Gerät dar. Der Bericht bezieht sich auf ein MacBook Pro mit Touch Bar, 16 Gigabyte Arbeitsspeicher, 512 GB SSD und dem Intel Core i5 Prozessor mit 3,1 GHz Basistakt.
Erster Eindruck
Obzwar das Einrichten eines Apple-Gerätes dank TimeMachine und iCloud-Backups heute eine ziemlich routinierte Angelegenheit geworden ist, ist für einen echten Apple-Fanboy nur wenig mit dem ersten Auspacken eines brandneuen Geräts vergleichbar. Vor allem, wenn das neue Gerät einige interessante Neuerungen mit sich bringt. Das MacBook wurde in Spacegrey geordert, die neue Farbvariante sollte nicht unberücksichtigt bleiben. Nachdem einige Kollegen teils bereits äußerst kritische Besprechungen des neuen Modells veröffentlicht hatten und ein Redakteur von ifun.de sein Gerät gar zurückgeschickt hatte, sahen wir unserem neuen Mac mit einer gewissen Verunsicherung entgegen.
Der erste Eindruck, nachdem die letzte Hülle fiel: Schick! Das schlankere, in Spacegrey gehaltene MacBook Pro ist schlicht und elegant, wie seine Vorgänger. Das mitgelieferte Netzteil gleicht nur auf den ersten Blick dem bekannten Modell. Nicht nur kommt es, wie bekannt, mit dem USB-C-Kabel, auch fehlen die flügelartigen Fortsetze zum Aufwickeln des Kabels. Ein Umstand, der manche alte Hasen ärgern dürfte, für uns aber eher weniger schmerzlich ist. Dass Apple die traditionelle Kabelverlängerung gestrichen hat, ist da schon verstörender. Das MacBook Pro selbst fällt durch sein abermals gesunkenes Gewicht und die verminderte Bauhöhe auf. Es lässt sich nun etwas leichter mit einer Hand hochheben. Die anhaltende Schlankheitskur ist indes ein zwiespältiges Detail in Apples Produktpolitik, dazu später mehr. Für den Anfang fällt auf: der neue Macintosh ist etwas dünner und leichter – und das merkt man, wenn auch nicht überdeutlich.
Auf und los
Wie ebenfalls bereits bekannt startete unser MacBook Pro nach dem ersten Aufklappen automatisch. Das gehört neuerdings bei den neuen MacBook-Modellen dazu, egal, ob der Mac heruntergefahren war oder im Ruhezustand. Der allseits bekannte Startsound erklingt auf den MacBook Pro-Modellen ab 2016 nicht mehr und unser Versuch ihn mit einem Terminalbefehl wieder zurückzubringen führte zu einem unbenutzbaren System. Dazu ebenfalls an anderer Stelle mehr. Kurz nach dem Aufklappen erschien der bekannte Systemassistent und führte uns durch die Einrichtung. Nach der Wiederherstellung aus einem TimeMachine-Backup forderte der Assistent schließlich zur Einrichtung von TouchID auf. Der Sensor dafür verbirgt sich im Powerbutton und dieser ist nach wie vor in der oberen rechten Ecke lokalisiert. Quasi am rechten Ende der neuen Touch Bar, welche wiederum die alte FN-Leiste revolutionieren soll.
TouchID selbst richtet sich quasi identisch zum iPhone ein. Im entsprechenden Dialog der Systemeinstellungen lassen sich später ebenfalls noch weitere Fingerabdrücke hinzufügen. Im Betrieb kommt TouchID beim Entsperren des Macs nach dem Aufwecken aus dem Ruhezustand, für App Store-Käufe und Apple Pay-Zahlungen in Safari zum Einsatz, wie es vom iPhone bekannt ist. Letzteres ist allerdings noch kaum verbreitet. Beim Hochfahren muss nach wie vor das Passwort eingegeben werden, was eventuell dazu führt, dass Touch ID für einige Anwender nicht sehr hilfreich ist – nämlich bei all denen, die ihren Mac standardmäßig herunterfahren statt einfach den Deckel zuzuklappen. Beim Aufwecken aus dem Ruhezustand geht das Entsperren durch Touch ID blitzschnell und entspannt.
Die Touch Bar
Das Highlight bei der MacBook-Keynote im November war zweifellos die Touch Bar, welcher während der Vorstellung viel Raum gegeben wurde. Es ist Apples Kompromiss zwischen einem Touchscreen, den es am Mac nach wie vor nicht geben wird, und einer vollkommen touchlosen Oberfläche. Apple verspricht mit der Leiste eine ganz neue Dimension von Interaktionsmöglichkeiten mit dem System und Anwendungen, ohne die grundsätzliche Bedienweise des Mac zu ändern. Unser Eindruck des neuen Features ist zwiespältig.
Die Touch Bar ersetzt die bekannten FN-Tasten. Die berührungssensitive Leiste zeigt standardmäßig im rechten Teil, den Apple Kontrollleiste nennt, die Einstellungen für Displayhelligkeit und Ton. Diese können angetippt und wahlweise erweitert, sodass Lauter-Leiser respektive Heller-dunkler-Buttons erscheinen oder als Schieberegler direkt bedient werden. Das funktioniert ohne große Mühe, wenn es auch anfangs etwas sperrig wirkt.
Im linken Bereich des Geräts zeigen sich kontextbezogene Funktionen wie Vor- und Zurück-Buttons oder geöffnete Tabs in Safari oder Finder. In Mail können Mails über die Touch Bar erstellt und anschließend versendet werden. Auch Final Cut Pro, Pages und die anderen iWork-apps unterstützen die Touch Bar. Desgleichen diverse Dritt-Apps wie etwa Adobes Photoshop, wie bereits auf der Keynote bekanntgegeben wurde oder neuerdings auch Spotify. Auch Apples Fotos-App kommt mit Touch Bar-Implementierung.
Möglich, dass Bildbearbeitung durch die Touch Bar tatsächlich etwas intuitiver und flüssiger funktioniert. Auch professionelle DJs könnten Gefallen am Scratchen und Manipulieren von Tonspuren über die Touch Bar finden, wie es mit der App DJay Pro auf der Keynote demonstriert wurde. Was die anderen Anwendungsszenarien betrifft, sehen wir eine etwas andere Entwicklung. Es ist durchaus denkbar, dass neue Mac-Nutzer die Touch Bar-Optionen regelmäßig nutzen, da sie, wenn der Nutzer einmal um die Funktion der Touch Bar weiß, ins Auge fallen und sich durchaus anbieten. Mac-Nutzer, die auch mit den vielerorts vorhandenen Shortcuts arbeiten, können die Arbeitsschritte mit der Touch Bar nicht schneller erledigen. Es gibt für diese Nutzer zunächst keinen Grund ihre Routinen zu verändern.
Andere Anwendungsmöglichkeiten, wie etwa das Anklicken von Wortvorschlägen über die Touch Bar sind zwar hübsch, beschleunigen das Arbeiten aber auch nicht merkbar. Die Hände auf der Tastatur zu lassen dürfte für Vielschreiber der schnellere Weg sein. Die Touch Bar hat zweifellos noch ungenutztes Potenzial, es kommt aber darauf an, wie Apple das ausnutzt. Cupertino hat Entwicklern zunächst recht strikte Beschränkungen bei der Nutzung der Bar durch ihre Apps auferlegt. Sie darf nicht in Spielen, nicht für Grafiken und nicht für Funktionen, die in der Bildschirmoberfläche gleichzeitig schon dargestellt werden, genutzt werden. Diese Beschränkungen wirken zwar teilweise sinnvoll, begrenzen die kreative Nutzung des neuen Features aber möglicherweise etwas zu stark.
Auch scheint es, als habe Apple die Touch Bar recht übereilt ins System integriert. Wie die Kollegen von golem.de und ifun.de bemerkten, wird die Einstellung „Ton aus“ nicht auf dem entsprechenden Icon auf der Touch Bar angezeigt und die Touch Bar wird beim Schauen von Filmen nicht abgedunkelt, was auch nicht manuell erreicht werden kann. Alles Eigenschaften, die nachgebessert werden können, prinzipiell aber bereits beim Marktstart bedacht worden sein sollten. Die Touch Bar -Unterstützung in iTunes hat Apple erst mit der Version 12.5.4 seines Multimediaplayers nachgereicht. Zwar nicht das erste Mal, das ein neues Feature versprochen und später ausgeliefert respektive nachgeliefert wurde, dennoch eher peinlich für ein Unternehmen, das den Perfektionismus mal zum Maßstab aller Dinge erhoben hatte. Man merkt, bei Apple arbeiten auch nur Menschen. Gott sei Dank oder schade eigentlich, je nach Gusto.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Die Touch Bar ist ein interessantes Feature. Neu und in Maßen aufregend. Ein Killer-Feature ist sie eher nicht.
Der Alltagstest
Wie immer musste sich auch dieser Gadget-Kauf in unserem Produktivalltag bewähren, wo es keine Schönheits- oder Design-Punkte zu holen gibt, sondern es darauf ankommt, wie gut man arbeiten kann. Hier fielen relativ schnell zwei Punkte auf: die neue Tastatur, sie wird von Apple Butterfly 2 genannt und ist eine weiterentwickelte Umsetzung des Keyboards im MacBook, ist deutlich lauter als alle traditionellen MacBook-Tastaturen.
Während man sich an den deutlich geringeren Tastenhub recht schnell gewöhnt und flüssig tippen kann, ist der signifikant lautere Tastenanschlag vor allem für das Umfeld deutlicher hörbar. Möglich, dass viele den charakteristischen Tipp-Sound der neuen MacBook Pro bald unterbewusst abspeichern. Falls Apple damit die eigenen Geräte in die Wahrnehmung der Massen einbrennen wollte, dürfte das gelingen. Ob es werbetechnisch wirksam ist, steht allerdings dahin. Anzumerken ist, dass der lautere Tastenanschlag für den Redakteur nicht unangenehm klingt, leise zu tippen gerät allerdings zur Konzentrationsübung.
Als Zweites macht sich das nun fast doppelt so große Trackpad bemerkbar. Arbeitete die Handballenauflageerkennung bislang meist recht zuverlässig, sind beim Macbook Pro 2016 deutlich mehr Fehlbedienungen zu erkennen. Vor allem das Verschieben der Einfügemarke im Text tritt relativ häufig auf. Als Gegenmaßnahme neigt man dazu die Hände immer leicht angehoben über den Tasten schweben zu lassen, was auf Dauer ermüdend ist. Unklar ist, ob Apple hier noch nacharbeiten kann oder wird. Das Retinadisplay sollte um 68 Prozent heller sein als das Panel im Vorgängermodell. In der Praxis konnten wir davon in einem geschlossenen Raum nichts bemerken.
Beide Panels sind hervorragend. Die aktive Kühlung springt bei Alltagsaufgaben faktisch nicht an. Unter Last, wir testeten mit dem BOINC-Client für verteiltes wissenschaftliches Rechnen, dreht der Lüfter hoch, wird aber hier nicht ganz so laut wie der direkte Vorgänger.
Alles neu
Ein weiterer Punkt, der umgehend für eine gerunzelte Stirn sorgt, ist Apples einmal mehr radikale Anschlussphilosophie. Cupertino, das dafür bekannt ist gern alte Zöpfe abzuschneiden, verbaut im neuen MacBook Pro ausschließlich Thunderbolt 3-Ports. Immerhin vier davon. Diese zu USB Typ C kompatiblen Schnittstellen sollen die Anschlüsse der Zukunft sein. Möglich, dass sie in einigen Jahren das derzeitige Durcheinander von USB 2.0 Anschlüssen abgelöst haben, möglich auch, dass Apple dann als richtungsweisend für diese Entwicklung gelten wird. Für den Moment bedeutet die radikale Abkehr von allen traditionellen Anschlüssen für die Nutzer, dass die für nahezu jedes Gerät entsprechende Adapter vorhalten müssen – vom USB-Stick bis zum externen Monitor.
Apple liefert, wie beinahe schon üblich, keinerlei Adapter mit. Das Entgegenkommen des Unternehmens die Adapter bis Ende des Jahres zum reduzierten Preis anzubieten grenzt fast an Hohn. Immerhin wurde die Rabattaktion um weitere drei Monate bis März 2017 verlängert. Trotzdem: wer über 2.000 Euro für ein Notebook ausgibt darf erwarten, dass der Hersteller dem Käufer bei der Abwärtskompatibilität durch mitgelieferte Adapter entgegenkommt. Dem iPhone 7 liegt zumindest ein Lightning-Klinke-Adapter bei. Wir haben uns den einfachen TB 3-USB-Adapter mitbestellt und können so Festplatten anschließen. Etwa im Café stets noch eine Komponente mit aus der Tasche zu ziehen, fühlt sich nicht ganz nach Apple an.
Durchhaltevermögen
Die Akkulaufzeit unterscheidet sich nicht spürbar von der des Vorgängers, sofern man keine aufwendigeren Prozeduren wie das häufige Abspielen von Videos forciert. Apple hat die Akkukapazität im neuen MacBook Pro auf 49 Wattstunden deutlich verringert. Dies macht sich in manchen Situationen deutlich bemerkbar. Wenn man etwa ein iPhone oder iPad auflädt, leert sich der Akku nun spürbar zügiger. Dass die nominalen Laufzeiten sich laut Herstellerangabe kaum geändert haben und sich auch bei uns nicht merkbar viel geändert hat, lässt auf ein nochmals optimiertes Powermanagement schließen.
Wir sehen das mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Es ist beeindruckend, wie virtuos Apple System und Hardware orchestriert, um ein Maximum an Batterielaufzeit herauszuholen. Windows hat zwar bei den Laufzeiten am Mac aufgeholt, das macOS-System hält aber noch immer länger durch. Doch warum Apple diese Kompetenz dazu nutzt immer noch ein paar Gramm einzusparen, die im Alltag ohnehin längst keine Rolle mehr spielen, anstatt statt zehn Stunden Laufzeit mit der selben Energie vielleicht 15 oder 16 Stunden zu realisieren, erschließt sich uns nicht. Wir würden lieber einige weitere Stunden unabhängig von Strom und Steckdosen arbeiten und dafür ein gleichbleibend schweres Gerät mit auf die Reise nehmen.
Was übrig bleibt
Auf dem MacBook-Event wurden unter anderem die Lautsprecher als deutlich lauter und bassstärker bezeichnet. Der Klang ist in der Tat anders. Doch von einem so deutlichen Quantensprung ist nicht zu sprechen. Wir haben einen gewohnt guten Klang beobachtet, der auch bei hoher Lautstärke nicht unangenehm wird. Die Klinkenbuchse bleibt, anders als beim iPhone, wandert aber auf die rechte Seite. Dass die beiden Thunderbolt 3-Anschlüsse rechts weniger hohe Datendurchsätze erlauben, dürfte nur beim Bewegen großer Datenmengen relevant werden. Praktisch ist, dass das Ladekabel an jeden der vier Anschlüsse angeschlossen werden kann. Unter Umständen weniger praktisch ist dagegen, dass die neuen MacBooks sich dabei grundsätzlich immer einschalten, was nicht in jedem Fall gewünscht ist. Wenn wir etwa einen Mac in der Hülle vor Fahrtantritt noch kurz an den Strom hängen, soll er dabei nicht hochfahren und sich in der Tasche erwärmen.
Ein Terminalbefehl versprach dieses Autoboot genannte Verhalten zu lösen, mit einem anderen Befehl sollte der altbekannte Startsound zurückgebracht werden. Als wir genau dies versuchten, erlebten wir eine äußerst unangenehme Überraschung: unser brandneuer Mac wurde unbrauchbar und war zunächst nicht zu reparieren. In einer weiteren Meldung berichten wir über dieses Phänomen und können unseren Lesern einstweilen nur raten von diesen Befehlen die Finger zu lassen. Ein interessantes Detail am Rande: das Schanier des Display wurde beim neuen MacBook Pro spürbar leichtgängiger ausgeführt. Es lässt sich nun problemlos einhändig aufklappen. Ob der geringere Widerstand nach Jahren der Dauernutzung auch eine schnellere Abnutzung bedeutet, muss abgewartet werden.
Fazit
golem.de bezeichnet das neue MacBook als „schöne Enttäuschung“, der Kollege von ifun.de hat sein Gerät gar zurückgeschickt. Angesichts dieser Vorzeichen hielt bei uns eine gewisse Unsicherheit darüber vor, was wir vom neuen Mitglied unserer Applefamilie zu erwarten haben. Die teils herben Enttäuschungen anderer Rezensenten können wir nicht in Gänze nachvollziehen, doch die vielfach genannten Punkte lassen sich nicht vom Tisch wischen. Kurz gesagt: Apple hat ein sehr teures, technisch sehr avanciertes Produkt gebaut. Ein Produkt, das durchaus Spaß macht, das aber auch Fragen offen lässt, die teils ein wenig zu groß erscheinen, um die aufgerufenen Preise zu rechtfertigen. Man merkt, dass man sich in Cupertino Mühe gegeben hat, manches ist aber nicht perfekt geworden. Würden wir das neue MacBook wieder kaufen? Letztlich wahrscheinlich schon.
Mit Material von Alexander Bergmann